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Beat Wigger-Duss

Räuchern

Räuchern

Die Kunst des Räucherns

Die heutige Aromatherapie und die Parfümerie wurzeln im archaischen Räuchern. Das Wort Parfüm kommt vom lateinischen "per fumum" = "durch den Rauch". Seit uralten Zeiten – von der Altsteinzeit bis heute – machen sich die Menschen die Wirkungen des Räucherns zunutze. Der aufsteigende Rauch oder Duft der über einer Wärmequelle wie Stövchen oder Räucherkohle langsam verglimmenden Pflanzenteile und Harze reinigt und klärt, vitalisiert, entspannt und heilt – je nach Kraft der Pflanze.

Für unsere Vorfahren war das Räuchern ein fester Bestandteil ihrer Kultur. Es diente sakralen Zwecken wie Gebeten, der Reinigung und der Weihung von heiligen Stätten, der Visionssuche und Einweihung. Aber auch das „einfache Volk“ desinfizierte mit Hilfe des Rauches Wohnräume, Krankenlager und Ställe, parfümierte Kleider, Gegenstände und heilte Kranke. Geräuchert wurde zu den Jahreskreisfesten, später zu den christlichen Festtagen, bei Geburt, Tod oder nach dem Winter.

In ländlichen Gegenden und Alpenregionen wird auch heute noch hie und da an gewissen Tagen und Zeiträumen geräuchert. So an den zwölf Rauhnächten zwischen Weihnachten und Dreikönige - einer der vielen alten keltischen Bräuche, die die Christianisierung überlebt haben. Aber auch bei drohendem Unwetter räucherte man mit den so genannten Wetterkräutern (die Spannung der Atmosphäre entladende Kräuter), welche oft Bestandteil des Kräuterbüschels sind. In manchen Gegenden werden heute noch am 15. August, an Maria Himmelfahrt besondere Kräuter gesammelt und zum sogenannten Kräuterbüschel zusammengebunden. Auch dies ist ein alter keltischer Brauch. Viel altes Wissen der keltischen Druiden, der Schamanen, der Lachsner (germanische Schamanen), der Hagazussen ( Hagazussa: kräuterkundige Frau die im Hag sass...) und anderer weisen Frauen, aber auch der Wurzelsepps und alten Kräuterfrauen ist verloren gegangen und wird nun langsam wieder ins Bewusstsein der heutigen Gesellschaft zurückgeführt.


Johanniskrautbs

 

Nebst den vielen exotischen Harzen, Hölzern und Pflanzen aus allen Weltteilen werden die heimischen Pflanzen oft vergessen. Gerade diese Kräuter jedoch verbinden uns innig mit unserer Umgebung, mit den Wesenheiten der Gegend und des Landes. Sie sind auf der gleichen Erde gewachsen und sie nehmen das gleiche Wasser auf wie wir. Zudem verbinden sie uns mit dem Wissen unserer Ahnen und deren Kraftfeldern und stärken so unsere Wurzeln. Trotzdem kann es durchaus auch angebracht sein, ein exotisches Harz mit in die Mischung zu geben, z.B. wenn wir bewusst in eine andere Kultur eintauchen wollen. Dann wenden wir einen entsprechenden Räucherstoff dieser Kultur an.

Pflanzen wirken als ganzes Wesen harmonisch auf die Umgebung über die seelisch-geistige Ebene ein. Beim Räuchern wird der Geist (die Wirkung) der Pflanze von der Materie (dem Pflanzenkörper) gelöst. Ein alchimistischer Prozess mit den Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer. In dieser geistigen Form verbreitet sich das Pflanzenwesen ungehindert und entfaltet seine Kraft.

Oder von einer anderen Ebene dargestellt, verbreiten sich die in der Pflanze enthaltenen Wirkstoffe im Raum. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus kann ein keimtötender Rauch die Raumluft desinfizieren, von der mystischen Seite her kann derselbe Rauch eine Verbindung zu unseren Vorfahren herstellen oder mit dem Geist der Pflanze verbinden. Beim Räuchern spielt nebst der Kraft der Pflanze auch die Absicht des Menschen eine Rolle. Mit unserer Absicht geben wir die Richtung an. Die Kraft der Pflanze hilft bei der Umsetzung dieser Absicht. Dies erfordert einen respektvollen Umgang mit diesen Kräften. Jedes verräucherte Kraut, Harz, Holz ist schlussendlich ein Geschenk des Pflanzenwesens und der Naturkräfte.



Räucherpflanzen

Nachfolgend eine kurze Beschreibung der vier heimischen traditionellen Räucherpflanzen, Beifuss, Wacholder, Ruchgras und Tanne.


Beifuss (artemisia vulgaris)

Der Beifuss ist eine alte Schamanenpflanze und wird von Westeuropa bis Japan, von Sibirien bis Tibet geehrt. Seine Kraft wird oft unterschätzt. Er wird und wurde als grosse Schutz-, Heil- und Zauberpflanze verehrt. Den Germanen war Beifuss ein der Freya geweihtes Frauenkraut. Ein Auszug aus dem angelsächsischen Neunkräutersegen vom 11. Jahrhundert unterstreicht sein hohes Ansehen:

beifuss

 

„Erinnere du dich, Mugwurz (Beifuss), was du verkündetest,

was du anordnetest in feierlicher Kundgebung.
Du, das Aelteste der Wurze, Una ist dein Name.
Du hast Macht gegen drei und dreissig,
du hast Macht gegen Gift und Ansteckung,
du hast Macht gegen das Uebel,
das über das Land dahinfährt.“

Beifuss wächst oft an alten Saumpfaden und Wanderwegen. Seine Blätter verhelfen in die Schuhe gelegt müden Füssen wieder zu neuer Kraft! Er wächst auf kargen, trockenen Böden ebenso wie auf fetten Lehmböden und wir finden ihn auch auf Schutthalden, Bahndämmen und Strassenrändern. Die Griechen weihten das Kraut der Göttin Artemis und es galt als hilfreichstes Frauenmittel.

Das Artemisiakraut reinigt stark und seine Kraft hält auch Motten und andere Insekten fern. Beifussräucherungen fördern und öffnen unsere spirituellen Kräfte, bringen klare Sicht, helfen das Alte zurück- und loszulassen. Weiter hilft Beifuss die heilenden Kräfte zu stärken, unterstützt Veränderungen im Leben, stärkt das Weibliche, die Intuition, fördert das Traumbewusstsein und ist ideal für Räucherungen bei allen Uebergangsritualen. Beifuss öffnet den sakralen Raum, in dem sich das Heilige, das göttliche Mysterium offenbaren kann. Oder anders ausgedrückt, Beifuss wandelt den profanen Raum in einen sakralen...

wacholder

 Wacholder (juniperus comunis)

Aehnlich wie der Beifuss wird auch der Wacholder in seinem ganzen Verbreitungsgebiet als kräftige Räucherpflanze verehrt und gilt weltweit als Schutz gegen böse Einflüsse. Sein Holz, die Zweige und Beeren werden seit prähistorischer Zeit für kultische und medizinische Zwecke verwendet. Besonders die desinfizierende Wirkung des Wacholderrauches wurde früher zur Reinigung von Krankenzimmern hochgeschätzt. Auch bei Erkältungskrankheiten empfiehlt es sich sehr die Räume zu räuchern. Der Rauch erwärmt und löst Verschleimungen. Weiter klärt, beruhigt, konzentriert er und reinigt die Aura von Mensch und Tier und fördert den Kontakt zur Erde. Er stärkt die Lebenskraft und wird schon seit langem als wirksames Mittel und Schutz vor Krankheitsdämonen (Mittelalter) und Ansteckung geehrt. Wie ein Schutzmantel hüllt seine Kraft den Raum ein und behütet die Essenz des Raumes. Er schützt also den durch den Beifuss geöffneten sakralen Raum.







Ruchgras (anthoxantum odoratum), Mariengras (hierochloe odorata)

ruchgras

Das in den heimischen Wiesen wachsende Ruchgras verleiht durch seinen Cumaringehalt dem Sommerheu den süssen angenehmen Duft. Das Ruchgras wächst 10 bis 50 Zentimeter hoch, blüht von April bis Juli und bevorzugt Magerwiesen und lichte Wälder. Das Mariengras (hierochloe odorata) ist weniger häufig verbreitet, wächst auf eher feuchten Böden, in Niedermooren. Die Indianer bezeichnen diese Grasart als Sweet grass und es wird hoch geschätzt.

Mariengras war Bestandteil des Liebfrauen Bettstrohs, das den Wöchnerinnen ins Lagerstroh gegeben wurde. Auch Kinder, Kranke und Sterbende durften sich auf diesem duftenden Gras zur Ruhe legen. Das Gras hat eine tröstende Wirkung, entspannt und hemmt die Ausbreitung von Bakterien. Das Ruchgras wurde früher in die Wäsche gelegt, um diese frisch und insektenfrei zu halten. Hirten fütterten es gerne ihren Schafen, um die Tiere gegen Pocken zu schützen.

Das Verräuchern von Ruchgras und Mariengras zieht gute Geister und wohlwollende Kräfte an, öffnet das Herz, bringt Frieden, tröstet, entspannt und beruhigt. Der sakrale und geschützte Raum wird nun also mit guten, friedvollen Einflüssen belebt.






Tannenharz, Fichtenharz

Bereits seit altheidnischen Zeiten ist es Brauch, einen Weihnachtsbaum zur Zeit der Wintersonnenwende als Zeichen, dass das Lebensgrün die Dunkelheit und Kälte überdauern wird, in die gute Stube zu stellen. Der würzige Duft der Zweige wirkt unmittelbar auf die Seele und beruhigt, entspannt, fördert und ermöglicht das innere Gewahrwerden des grossen kosmischen Geschehens, der Wiedergeburt des Lichtes. Der Tannenbaum gilt als Lichtbaum.

Der Rauch verbindet mit den Urbildern, bringt der Seele stillen Frieden, tiefe Meditation und schenkt ein Gefühl von Geborgenheit. Weiter bringt er alte Wunden zum Heilen ans Licht, klärt den Geist, reinigt und schützt, erweitert das Herz und den Brustraum

Der mit guten, friedvollen Einflüssen belebte sakrale und geschützte Raum wird mit dem Tannenharzrauch geweiht und gibt der Seele Innigkeit und Geborgenheit.

Gewidmet den Pflanzenwesen.

 Stoevchen6cm1gr

 

 

Räucherwerk und insbesondere die von mir selbst hergestellten Räucherstövchen können gerne im Online-Shop bestellt oder an den Märkten gekauft werden.



Literatur:
Naturrituale, von Wolf-Dieter Storl, AT-Verlag, ISBN 3-85502-964-4
Räuchern mit heimischen Kräutern, Marlies Bader, Kösel Verlag, ISBN 978-3-466-34466-6
Botschaft an den Himmel, Susanne Fischer-Rizzi, Heyne Verlag, ISBN 3-453-15504-1


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Pflanzendruck

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